Kirillo-Beloserski-Kloster

Tag Fünfzehn: Kirillo-Beloserski-Kloster (Goritsy)

Unser Spruch des Tages:
Das Leben ist wie ein Spiegel
wenn man hineinlächelt, lacht es zurück!

Die bebilderte Tagesetappe von heute führt uns über die Scheksna ab ca. km 550 bis zum Fluss Kowscha bei etwa km 800 (sh. Karte):

Wolga-Ostsee Kanal

Seit heute Morgen waren wir also nicht mehr auf der Wolga, sondern auf einem der uralten Wege, der die Wikinger bzw. Waräger nach Jaroslawl an der Wolga nahmen. Doch damals mussten sie noch des öfteren ihre Boote von Fluss zu Fluss über Land ziehen, so wurden sie doch auch hier, wie vermutlich auch in Kiew, heimisch.

1810 wurden der Onegasee und der Fluss Kowscha durch einen Kanal verbunden; zuvor transportiere man Waren auf dem Landweg. Dank des Kanals erlebte die Kleinstadt Wytegra am Südostufer des Onegasees eine Blüte doch mit dem Aufkommen der Eisenbahn verlor der Kanal – und mit ihm Wytegra – an Bedeutung. 1964 wurde die neu ausgebaute Kanalstrecke – nun für Schiffe bis 5000 t Tragfähigkeit – eröffnet. Damit wurde die Wasser-Straße zum 360 km langen Wolga-Ostsee-Kanal. Er schließt ab St. Petersburg bis Rybinsk mehrere Seen und Flüsse ein. Durch Schleusen gelangt auf 113 m Höhe (Wasserscheide), dann geht es auf der Kowscha abwärts, durch Wald- und Wiesenlandschaft, zum Weißen See.
Zweieinhalb Kilometer vor der Einfahrt in den Weißen See befand sich auf dem östlichen Ufer der Scheksna eine der älte­sten russischen Städte. Sineus, ein Bru­der des Warägers (Wikingers) Rurik, begab sich um 863 in die Gegend und übernahm die Regentschaft in Belo­ozero (Weißer See). Ursprünglich lag die Residenz Sineus‘ am Nordufer des Sees. Im 10. Jahrhundert wurde sie hierher verlegt. Zu weit im Norden gelegen, um für die Mongolen interessant zu sein, blieb Beloozero von deren Raubzügen verschont. In jene Zeit fällt die Blüte eines eigenständigen Fürstentums, des­sen Existenz mit dem Tod des Herr­schers und seines Sohnes während der Schlacht auf dem Schnepfenfeld 1380 endete. Beloozero gelangte in den Besitz des Moskauer Großfürsten. Letztmalig erwähnt wurde die Stadt 1398, als ein Novgoroder Heer sie stürmte und plünderte. Die Neugründung erfolgte 15 Kilometer nordwestlich, nun mit dem Namen Belozersk.

Und nun, im Jahr 1397,  machte sich ein Moskauer Mönch namens Kirill in Beglei­tung seines Mitbruders Ferapont, auf den nicht ungefährlichen Weg in den Norden. Am Berg Maura in der Region Wologda erblick­ten die beiden Mönche den Siverskoe-See. Etwa 500 Kilometer Luftlinie trennen Moskau von dem malerischen Ort im Norden, wo die beiden Mönche vom Berg Maura den Siverskoe-See erblick­ten. Sie zimmerten ein Kreuz, errichteten eine Kapelle und lebten ein Jahr auf ei­ner Anhöhe am Ufer des Sees.

Dann zog Ferapont weiter nach Norden; Kirill grün­dete mit weiteren Moskauer Brüdern das Kloster auf einer Landzunge. Noch 30 Jahre lebte Kirill als Abt der Mönchsge­meinschaft, bevor er das Zeitliche segne­te. Sein Grab befindet sich unter dem Fundament der Kirill-Kirche. Kurz nach seinem Tod wur­de er heilig gesprochen. Im Museum des Klosters befinden sich einige Exponate, die ihm gehört haben sollen, unter an­derem ein ledernes Pilgergewand und seinе Mönchsrobe.
Im 15. und vor allem im 16. Jahrhun­dert stieg das Kirillow-Kloster zu einem der einflussreichsten und mächtigsten im ganzen Land auf. Die Moskauer Großfürsten und Zaren, der Adel und die mit ihnen verbündeten Vertreter der Kirchenhierarchie betrachteten die Klös­ter als Vorposten der feudalen Kultur und ihrer Herrschaftsansprüche in den entlegenen Gegenden. Günstig an den Handelswegen zwischen dem Norden und dem russischen Kernland gelegen, kam dem Kirillow-Kloster wirtschaftlich, kulturell und militärisch eine strategi­sche Bedeutung zu. Dank des Erbes des sehr belesenen Kirill verfügte es über eine hervorragende Bibliothek, deren Bestände ständig wuchsen. Das Wissen Kirills und seiner Nachfahren machte die Äbte zu begehrten Ratgebern. Noch zu Lebzeiten stand Kirill in engem Brief­wechsel mit dem Moskauer Großfür­sten, seine Nachfolger taten es ihm nach. Berühmt waren die Mönche auch für ihre Sangeskünste.
An der Wende vom 15. zum 16. Jahr­hundert geriet das geistige Russland in den Strudel prinzipieller religiöser Pole­miken, die die Kirche erstmals an den Rand einer Spaltung brachten. Haupt­streitpunkt war die Rolle der Klöster im Land. Die Josifisten – benannt nach ih­rem Ideengeber Joseph von Wolokolamsk – traten für eine Stärkung der Macht der Kirche mit allen Mitteln, auch wirtschaftlichen, ein; ihre Opponenten vertrauten auf das persönliche Vorbild des Dienstes am Glauben und ein Leben jenseits der welt­lichen Belange. Im Kirillow-Kloster sieg­ten nach erbitterten Auseinandersetzun­gen zunächst die Anhänger der zweiten Richtung, die dann jedoch im ganzen Land an Boden verloren und allmählich entmachtet wurden. Es war die Zeit, als sich die Kirche bedingungslos auf die Seite des zentralisierten Moskauer Staa­tes stellte und die Idee des „Dritten Roms“ propagierte.
Fast alle Zaren und einflussreichen Boja­ren haben das Kloster besucht und mit reichen Geschenken bedacht. Dank des Monopols auf den Salzhandel und – An­fang des 17. Jahrhunderts – rund 20 000 Leibeigenen war das Kirillov-Kloster zu einem der reichsten im ganzen Land geworden. Es revanchierte sich für die Privilegien und erlaubte den Zaren, die Zellen der Mönche als Verbannungsort für unliebsame Gegner zu nutzen.

Kurze Baugeschichte:

1497 wurde die Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale, anstelle einer Holzkirche von 1397, durch Baumeister aus Rostow errichtet. Später erfolgten zahlreiche Umbauten. Sie ist eine aufgesockelte und eingeschriebene Kreuzkuppelkirche mit 4 Pfeilern, großen Stufenbögen, Giebelpyramide, einer Kuppel. Ziegelmauerwerk. Der Baukörper wird durch ausgeprägtes Transept in die Breite entwickelt, Die Hauptkuppel ist nach Osten verschoben, Fassadengliederung durch Pilaster und breite Gesimse aus Ziegelornamentik, an der Nordseite befindet sich das Säulen-/Stufenportal mit kielbogenförmigen Archivolten. Ihre Ausmalung erfolgte im 17. Jahrhundert.
An die Prothesis wurde 1554 die Wladimir-Kirche, an diese 1645 die Kirche der Erscheinung Christi, an das Diakonikon über dem Grab Kirills in der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts die Kirill-Kirche angefügt. Ausbau des Klosters zur stärksten Festung Nordrusslands (Gefängnis für politische Gegner der Zaren):

  • Alte Stadt“ im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts im Grundriß eines Fünfecks mit Mariä-Himmelfahrts-Kloster und Kathedrale, Mariä-Opferungs-Kirche und Refektorium (1519), Heiliges Tor (1523) und Johannes-Klimakos-Kirche (1572), Kirchen des Erzengels Gabriel und Johannes’ des Täufers (1531-1534) im Auftrag Wassilis III. aus Anlass der Geburt Iwans IV.;
  • Ein „Kleines Johannes-Kloster“ wurde Ende des 16. Jahrhunderts mit Johannes-Kathedrale, Sergius-Radonesh-Kirche mit Refektorium angefügt;
  • Die „Neue Stadt“ erweiterte das Kirillo-Beloserski-Kloster im 17. Jahrhundert mit dreigeschossigen Wehrgängen und einem zentralen Gefängnis-Turm.

Schematische Gesamtansicht des Kirillo-Beloserski-Klosters mit Legende (verlinkte PDF-Datei)

 

Die verlinkte Website ermöglicht per Mausklick auf ein Detail die Anzeige von dessen Bezeichnung.

Insgesamt fand ich den Kloster-Besuch, vielleicht auch wegen des freundlichen Wetters, diese Reise wert, da mich weniger das Innere der Kirchen, zumindest wenn man es so übersättigend wie auf dieser Reise serviert bekommt, interessiert, als die Tatsache, das das ästhetisch sehr gelungene Bauensemble dieses Klosters die verführerisch schöne  Seen-Landschaft des russischen Nordens in meinen Augen noch zusätzlich aufwertet. Ich fand es für mich entspannend, abseits der Erklärungen des Klosterführers, auf welche Details man nun wieder zu achten habe, einfach nur die stille, unaufdringliche Schönheit dieses Ortes ohne goldglänzende Zwiebeltürme zu genießen.
In der Gegend von Goritsy liegen insgesamt drei Klöster; von der Scheksna aus ist bereits vor der Anlegestelle von Goritsy das Frau­enkloster „Christi Auferstehung“ zu sehen. Sein Zustand ist prekär, doch steht es seit 1970 unter Denkmalschutz, wie das Kirillo-Beloserski-Kloster. Iwan der Schreckliche verbannte seine vierte und fünfte Ehefrau hinter diesen Mauern; die Gründerin des Klosters, Prinzessin Efrosinja Starickaja (eine Tante Iwan des Schrecklichen), beteiligte sich 1563 federführend an einem Komplott gegen den Zaren. Es wurde aufgedeckt und Efrosinja als Nonne in ihr eigenes Kloster verbannt.

Zum Kloster gehören drei Kirchen, eine Kapelle – zum Andenken an den in Uglitsch getöteten oder verunglückten Prinzen Dmitri – und ein Glockenturm. 1930 wurde das ohnehin verarmte Kloster offiziell geschlossen und später als Heim für Schwerbehinderte genutzt. Seit Mitte der 1970er Jahre gehört es zum Museum des Kirillow-Klosters, und Ende der 1990er Jahre ließen sich zehn Non­nen hier nieder, die sich selbst versorgen und die Anlagen pflegen.
Unser Besuch des Kirillo-Beloserski-Kloster

Unser Klosterbesuch begann um 11:30 dauerte anderthalb Stunden und um 14:00 hieß es wieder einmal „Leinen Los“ und nun schipperten wir über den „Weißen See“ und den Fluss Kowscha in Richtung Onega-See, den wir aber heute planmäßig nicht mehr erreichten, und so erlebte ich bis zum Einbruch der Dunkelheit „romantische Abendstimmung satt“ auf der zwischen scheinbar endlosen Wäldern fießenden Koschna.

Fotogalerien:

Eigene Bilder:

Bilder der Brumfield Collection:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

vier + 11 =